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Big in Japan

9/8/2014

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Für die, die es wirklich interessiert: es regnet in Strömen in Osaka. Am Wochenende soll es sogar einen Taifun geben, zumindest sagen das die drei Japaner, die wir gestern in einer Bar kennengelernt haben.

Lilith und mir ist das Wetter aber gerade noch ziemlich jacke, denn wir sind noch ausreichend damit beschäftigt hier alles verdammt großartig zu finden. 

Vor inzwischen 36 Stunden sind wir in Hamburg in unseren Emirates Flieger gestiegen und ich habe mir, um ehrlich zu sein, etwas Sorgen gemacht. Mir ist auf der einen Seite mulmig, wegen der traurigen Nachrichten über Flugzeugabstürze, die uns in den letzten Wochen erreicht haben. Zum anderen habe ich mir koscheres Essen gebucht (eigentlich nur, weil gehofft hatte, dass Extrawürste schneller serviert würden und besser schmeckten) und vor 4 Monaten nicht darüber nachgedacht, dass koschere und halale Fresspakete zurzeit auch fast ein politisches Statement sind. Ziemlich cool war allerdings, dass das koschere Essen echt 50 mal versiegelt wurde, nachdem es die segnenden Hände irgendeines Londoner Rabbis verlassen hat und erst unter meinen fake-koscheren Augen wieder von den netten Stewardessen wieder geöffnet wurde.

Nach knapp 7 Stunden Flug (und unter Umfliegung der Lufträume der Ukraine und des Irak) kamen wir in Dubai an und ich mir dort für 40 Arabische Dirham pro Stange Zigaretten (= 16 Euro) einen gesamten Monatsvorrat an Glimmstengeln zugelegt. Unser Flug nach Osaka hatte Verspätung, aus operational reasons, was auch immer das bedeuten mag. Um 18 Uhr japanischer Zeit kamen Lilith und ich dann schließlich leicht zerknüllt und gereizt am Kansai International Airport an.

Unsere erste Amtshandlung bestand darin, uns ohne nennenswerte Englischkenntnisse auf der einen und ohne nennenswerte Japanischkenntnisse auf unserer Seite den Weg zu unserer ersten Couchsurferin erklären zu lassen. Das hat nur so ungefähr eine Stunde in Anspruch genommen, was man als Erfolg werten kann. Dann mussten wir das beste (= günstigste) Ticket für Osakas Öffentlichen Nahverkehr ausfindig machen, was dank einer sehr netten japanischen Lady, die ausgezeichnet Englisch sprach, innerhalb weniger Minuten erledigt war.

Wir haben uns für die ICOCA-Karte entschieden, die wie eine Prepaidkarte funktioniert und erstmalig ¥ 2000 (= 14,30€) kostete. Man lädt Guthaben darauf, welches jeweils von der Karte abgebucht wird, sobald man sich nach einer Fahrt durch die elektronische Absperrung am U-Bahn-Ausgang bewegt. Vorteil: man muss vorher einfach nicht mehr darüber nachdenken, mit welcher Linie man jetzt wo hinfährt und ob man nicht vielleicht in die Linie eines anderen Anbieters umsteigen möchte.

In der U-Bahn fiel mir zuallererst auf, dass mir im Grunde gar nichts auffiel. Die Osakaner waren nicht irgendwie bunt und zuckersüß und hellokittyesk gekleidet, wie ich es vielleicht befürchtet hatte. Eigentlich sahen sie aus wie U-Bahn-Gäste in Berlin eben auch aussehen.

Schließlich kamen wir um 21 Uhr bei Yuko an, die eine kleine Bar betreibt, die sich River and Castle side space nennt und einen wunderschönen, wenn auch verregnet Blick auf genau ebendiese Sehenswürdigkeiten bietet: das Osaka Castle, einen Seitenarm des Flusses Yodo und die imposante Wolkenkratzer-Skyline am anderen Ufer. Jetzt ist es offiziell: wir sind in Japan.

Das Konzept von Yukos Bar ist denkbar einfach: allabendlich kommen eine Hand voll japanische Freunde von Yuko vorbei, dann noch die westlichen Touristen, die gerade in den Futonbetten im Zimmer nebenan schlafen (= wir) und die lernen sich dann bei Asahi Bier und Sake kennen. Die Preise sind moderat, wie generell bisher eigentlich alles recht bezahlbar war in Osaka. Dass es trotzdem die zweitteuerste Stadt der Welt nach Tokio sein soll, kann ich also gerade irgendwie nicht bestätigen.

Die ersten Biere in Japan tranken wir jedenfalls in freundlicher Gesellschaft von unserer Gastgeberin Yuko, einem Yoichi, der erschreckend gut „Schön, dich kennenzulernen!“ auf deutsch sagen konnte, einer jungen Frau namens Saki, die völlig hin und weg von Lilith und ihrer Ukulele war, einer Wakana, die uns Tako-Yaki (mit Tintenfisch und Frühlingszwiebeln gefüllte Teigbällchen, erinnerten mich lustigerweise an die schleswig-holsteinische Förtchen meiner Tante) zubereitete und einem weiteren jungen Mann, der einen langen unaussprechlichen Namen hatte, aber uns irgendwann erlaubte, ihn einfach Yoshi zu nennen.

Weil es in dem River and Castle side space keine Dusche gibt, sind Lilith und ich noch um Mitternacht aufgebrochen, um in der Nachbarschaft einen von Yuko beschriebenes Sentō, ein öffentliches Bad, ausfindig zu machen. Für ¥ 440 (= 3,20€) konnten wir dort nicht nur duschen, sondern auch in pipiwarmen Becken rumsitzen und ins Dampfbad gehen. Das Ganze fand nach Geschlechtern getrennt und splitterfasernackt statt, was ich erst etwas seltsam und dann aber ziemlich witzig fand. Bedenken hatte ich auch wegen meiner Tättowierungen, die man in Japan der Yakuza zuschreibt, der japanischen Mafia. An meinen niedlichen Quallen und Libellen störte sich dann aber glücklicherweise niemand.

Auf dem Rückweg vom öffentlichen Bad gingen wir noch in ein benachbartes japanisches Bistro, in dem wir uns mangels Lonely Planet und sonstige Sprachführer gezwungenermaßen verhielten wie die lausigsten Touristen. Ich zeigte auf die Karte und bestellte völlig random 5 kleine Fisch-Gerichte (jeweils ¥ 190 = 1,35€), was unseren Nachbartisch ziemlich belustigte. Wir kamen irgendwie ins Gespräch, was insofern ziemlich außergewöhnlich war, weil von den drei Jungs Tomo, Toshi und Joshi nur Toshi wirklich englisch sprechen konnte, weil er mal drei Monate in den USA gelebt hat. Trotzdem brach unser Gespräch erst zwei Stunden und einige Bier später ab, als Lilith und ich vor Müdigkeit wirklich kaum noch aufrecht stehen konnten. Tomo hatte unsere komplette Rechnung beglichen, verwies auf die japanische Gastfreundschaft und wir versprachen unter zigfachem arigatō gozaimasu! (= Vielen Dank!) sie morgen im Miki zu besuchen. Immer wieder musste ich angesichts solch eines warmen Empfangs daran denken, wie ätzend Touristen in Berlin häufig behandelt werden und schämte mich stellvertretend.

Was wir gelernt haben: ēgo ga hanase masu ka (= Sprechen Sie Englisch?), wie man Tako-Yaki zubereitet
Was wir hätten brauchen können: eine idiotensichere Ausschilderung des öffentlichen Bades
Wen ich grüße: Meine Mama, weil ich ihr versprochen habe mich per Blogeintrag bei ihr zu melden, wenn ich gut angekommen bin. Das ist hiermit geschehen.
Song des Tages: Spending all my time von Perfume
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YULIAN I∙DE

Journalist, Kolumnist & Korrespondent
Niederlandist, Linguist & Literaturwissenschaftler
Presse-, Marketing- & Veranstaltungsreferent
Netzwerke in den Kulturbranchen in Deutschland und den Niederlanden & Flandern
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